Muss es immer Adobe Stock sein? Alternativen für die Bildrecherche.
Zeit für die Bildrecherche nehmen
Bevor ich meine Lieblings-Bilddatenbanken vorstelle noch eines vorweg: Ich habe das Gefühl, dass Bilder oft genauso gekauft werden, wie wenn man abends zehn vor Acht noch in den Supermarkt um die Ecke huscht, an den Regalen vorbeiflitzt und alles mögliche in den Wagen wirft. Schnell zur Kasse, super, dass man den Einkauf noch geschafft hat. Das gute Gefühl verdrängt den Gedanken, dass das abgepackte Fertigfood oder die von anderen Kunden verschmähten Reste aus der Obst- oder Gemüsetheke nicht wirkliche Appetithappen sind.
Und noch ein Phänomen beobachte ich, wenn Kunden die Inhalte für Webseiten oder Broschüren selbst anliefern: Den Texten räumen Unternehmen einen hohen Stellenwert ein. Hier werden eigens Texter engagiert, die Ergebnisse sorgfältig redigiert, immer wieder umgeschrieben, bis der Text richtig gut passt. Der Auswahl von Bildern wird leider nicht so viel Augenmerk geschenkt.
Dabei schauen sich Leser und Betrachter immer zuerst die Bilder an, ehe sie sich überhaupt mit dem Text beschäftigten.
Das Bild holt uns in Bruchteilen von Sekunden ab, der Text bekommt erst dann eine Chance, wenn es das Bild geschafft hat uns zum Lesen einzulden. Das beschreibt Bela Mutschler in seinem Blogbeitrag sehr gut "Erfolgsfaktor Bildsprache: Wie die richtigen Fotos und Bilder Ihrer Webseite helfen!"
Und ich stelle mir die Frage: Warum werden dann gerade Bilder im Schnellverfahren im "Adobe-Supermarkt" gekauft?
Also: Besuchen Sie bei der nächsten Bildrecherche mal den "Foto-Wochenmarkt", tauchen Sie in andere, frische, kreative Bildwelten ein und lassen Sie sich von verschiedenartigen Bildstilen und Bildkonzepten inspirieren. Jede Menge Alternativen zu Adobe Stock - genauso kostengünstige - finden Sie in der Infothek. Doch Vorsicht: Beschäftigen Sie sich immer vorab mit den jeweiligen Lizenzangaben der Fotodatenbank, ehe Sie zuschlagen.
Und eine Bitte: Lassen Sie im unternehmerischen Umfeld die Finger von kostenlosen Bildern. Auch hierzu finden Sie Informationen in der Infothek im Bereich “Kostenlose Stockfotos”.
Ich mache mich an die Recherche nach einer Businessaufnahme, die authentisch, dynamisch, zeitgemäß, natürlich und ungestellt und in einer ungewöhnlichen Perspektive sein soll. Zwei Businesskollegen, die beim Gehen etwas besprechen, von oben aufgenommen.
Meine Suchworte sind: BUSINESS | GEHEN | VON OBEN | ZWEI MENSCHEN
Das Ergebnis bei Adobe Stock
Mhhh. 3 Menschen auf einem Berggipfel bei Sonnenuntergang? Zwei rote Füße und zwei Pfeile? Händchenhaltendes Paar? Eine Hand führt eine Holzfigur auf einer gezeichneten Treppe? Touristen laufen eine Treppe hoch? 10 Freigestellte Personen? Geschäftspartner im Portrait von der Seite? Nackte Füße auf Holzfliesen? Ein Geschäftsmann, der offensichtlich am See liegt? Händeschütteln von unten? Ein junges Paar beim Sport in Seitenansicht?
Ich komme mir ehrlich gesagt verarscht vor. Nur ein kleiner Bruchteil der vorgeschlagenen Bilder hat mit meiner Suchanfrage zu tun. Hatte ich nicht ausdrücklich “von oben” angegeben? Und “2 Personen”? Was man übrigens in anderen Bilddatenbanken als Filter einstellen kann.
Und wenn man weiter runter scrollt, wird es nicht besser. Es ist genau die Art von Bildern, die gar nicht gehen, wenn man eine professionelle Bildsprache präsentieren möchte.
Mühsam und aufwändig
Mag sein, dass man nach einiger Suche bei Adobe Stock durchaus gute und brauchbare Bilder findet. Mir wäre der Aufwand zu hoch. Es macht wenig Spaß, sich durch jede Menge “Müll” wühlen zu müssen. Bei iStockphoto bekomme ich für ziemlich das gleiche Geld weitaus besseres geboten.
Und Achtung: Die Lizenzbedingungen haben es auch in sich
Spätestens beim folgenden Passus aus den Nutzungsbedingungen sollten alle Alarmglocken schrillen. Wie um Himmels willen soll man denn bei einem Bild auf der Website verhindern, dass es jemand runterlädt und für seine eigenen Zwecke verwendet ohne es zu lizenzieren? Oder dass jemand ein Druckerzeugnis samt Bild abfotografiert und auf eine Website stellt?
Auf Photocase bin ich schon 2006 gestoßen und bin immer noch begeistert von dem andersartigen Bildstil. Hier findet man nicht den üblichen Einheitsbrei, sondern eine junge, freche Fotografie. Cleane, gestylte und handwerklich herausragende Profibilder wird man vermissen, dafür sind die Fotos um Welten kreativer als bei Adobe Stock. Sie sind mitten dem Leben gegriffen. Und ganz deutsch, denn Photocase kommt aus Berlin.
Frank Erler, einer der Photocase-Gründer, im Interview auf die Frage: Was unterscheidet Euch von anderen „Microstock“ Bildagenturen?: "Ich denke mal in erster Linie die Art der Fotos und die Bildsprache. In zweiter Hinsicht ist unsere Herangehensweise an „Stockfotografie“ ein wenig anders. Photocase entstand aus der Leidenschaft zur Fotografie. Und das ist auch heute noch immer so. Wenn wir Fotos sichten, denken wir in erster Linie nicht, ob dieses Foto viele Nutzer kaufen würden, sondern wir achten auf Ästhetik, Kreativität, Atmosphäre, Emotion… . Wir legen nicht so viel Wert auf die gängigen Stockmotive, dafür gibts schon genug andere Seiten. Wir wollen Fotosuchenden eine wirkliche Alternative bieten. Wir lieben einfach die Fotos, die Fotografen bei uns zeigen. Das klingt zwar ein wenig kitschig. Ist aber wirklich so. Wenn ich durch unsere Fotos gehe oder jeden Tag gucke, was so Neues reinkommt, dann bin ich schlichtweg begeistert." Das ganze Interview ist hier nachzulesen.
Wie die Bilder selbst ist hier die Suche eine andere
Mit den üblichen Suchworten kommt man hier nicht weit. Auch mit meiner Suche bin ich nicht wirklich fündig geworden. Denn die üblichen Businessbilder findet man hier eh nur selten. In Photocase würde ich keine Businessbilder suchen, ehr findet man hier Stimmungsbilder, sehr emotionale Bilder oder Aufnahmen, die dem Storytelling sehr nahe kommen. Man muss eine Weile stöbern, mit Suchbegriffen experimentieren und sich durch die vielen schönen Ligthboxen (Ähnliche Fotos) klicken.
Lizenzgebühren
Die Preise haben zwar im Gegensatz zu früher angezogen, aber liegen in der selben Range wie bei den üblichen günstigeren Bildagenturen. Man wählt aus drei Bildvarianten: Klein (S), mittel (M) und (L) volle Größe. Die Abnahme erfolgt wie bei den meisten Stockarchiven über Credits, die bei der Abnahme von Creditpaketen bis zu 45% rabattiert sind. Einzelne Bilder können sogar in Euro gekauft werden. Bei der Basislizenz müssen Fotograf und Photocase als Bildnachweis im Impressum oder beim gedruckten Bild genannt werden. Zahlt man einen Aufpreis, geht es auch ohne. Eine faire Sache. Die Lizenzangaben sind kurz und leicht verständlich. Man muss sich hier nicht durch seitenlange Rechtstexte wühlen.
Auch auf Plainpicture funktioniert die Suche mit deutschen Schlagworten wunderbar. Kein Wunder, denn die Bilddatenbank hat ihren Sitz in Hamburg. So findet man hier auch typisch deutsche Motive. Warum ist das manchmal wichtig: Grade für Bildwelten, in denen gearbeitet wird, ist es für den deutschen Markt wichtig, dass auch Werkzeuge, Maschinen, Technik und andere Geräte dem üblichen Standard entsprechen.
Zum Beispiel im Bereich Handwerk. Ein Elektriker würde mir Bilder aus einer amerikanischen Datenbank um die Ohren hauen. Nicht nur Experten sehen schon am Schraubenzieher, ob es sich um eine authentische Aufnahme handelt. Und authentische Bilder findet man bei Plainpicture hervorragend.
Natürlich haben die Bilder ihren Preis, aber sie sind ihr Geld wert, weil sie andersartig und oft auch einzigartig sind.
Auf Stocksy tummeln sich viele professionelle Fotografen. Hier findet man erstklassige Fotos aus Shootings, die sich von den 10 Euro Bildern deutlich abheben. Dafür sind sie selbst in hoher Auflösung günstig. Bilder in der Größe "Small" dürfte für Blogposts oft reichen und ist für 15 USD zu haben. Für größere Auflösungen sind 30 oder 75 USD immer noch sehr günstig für die angebotene Qualität.
“Stocksy United ist eine künstlerisch orientierte Bildagentur … Gegründet als Genossenschaft, ist alles, was wir tun, eine mutiges Zelebrieren der Kunst.“
Allein die Suche macht schon großen Appetit, der einfache, klare Aufbau und die tollen Bilder sprechen eine andere Sprache als die üblichen Stockagenturen. Die Suche ist nur über englische Begriffe möglich. Das Umfeld ist sehr international. Rein deutsche Inhalte, wie zum Beispiel Oktoberfest oder München findet man hier nicht. Dafür sind jede Menge tolle Landschaftsaufnahmen zur Verfügung oder stylische Peoplefotos.
Und zu fast jedem Bild gibt es eine Serie. Wunderbar, wenn man eine Reportage bebildern soll.
500px erinnert zunächst an Instagram, funktioniert ähnlich mit der Vergabe von Herzchen als Like für das Bild. Oder man folgt dem Fotografen, teilt Bilder über die üblichen Social Media Portale. Wie in Instagram sind auch hier viele professionelle Fotografen unterwegs, die 500 px nutzen, um ihre Bekanntheit zu steigern und auf der Jagd nach Followern sind. Der Clou ist nämlich, dass man beim Einstellen der Bilder selbst festlegt, ob man seine Bilder nur zeigt, oder sie über 500px zum Verkauf bzw. zur kommerziellen lizenzpflichigen Nutzung anbietet. Können die Bilder nicht über 500px gekauft werden, kann man über das Profil direkt mit dem Fotografen in Kontakt treten und dort das jeweilige Bild anfragen bzw. über den Preis verhandeln. So ist 500px auch eine gute Basis, um auf gute Profifotografen aufmerksam zu werden. Klickt man bei der Suche "Only In Marketplace " an, erscheinen nur die zum Verkauf stehenden Fotos.
Kreative Suche über die Galerien
Gut recherchierte Galerien bieten oft schon gut aufeinander abgestimmte Bilder und damit die Basis für eine konsquente Bildsprache. Die Schlagwortsuche ist etwas eigenwillig. Man muss ehr stöbern.
Ich habe mich bei der Recherche nach Landschaftsaufnahmen für eine Kundenwebsite in die Bilder von Kilian Schönberger verkuckt, der seine atemberaubenden Fotos zu Recht nicht sonst üblichen 50 USD für Web bzw. 250 USD für Print anbietet. Wer absolute Top-Fotos mit Profi-Qualität haben möchte, muss eben ein bisschen tiefer in die Tasche greifen.
An der Stelle ein Appell an alle Unternehmen, die dem Existenzgründertum entwachsen sind: Sparen Sie nicht am falschen Ende. Ruhig mal ein bisschen mehr für die Bilder ausgeben, gerade wenn sie auf der Startseite der Website oder für den Titel einer Broschüre oder eines Magazins verwendet werden. Der Unterschied wird den Kunden und Interessenten auffallen und Ihre Marketingkommunikation grenzt sich deutlich vom Wettbewerb ab.
Zurück nach Deutschland - vielmehr in den Stadteil, durch den ich ins Büro radle. Die Bildagentur Westend61 bietet eine moderne und hochwertige Bildsprache an und hat sich den Bereichen Lifestyle- und People-Fotografie speziallisiert. Darüber hinaus wird die Kollektion durch ausdrucksstarke Bilder aus allen anderen für den Stockmarkt relevanten Kategorien wie beispielsweise Reise-, Natur-, Food-, oder Symbolfotografie ergänzt.
Zugegeben, die Bilder bewegen sich im höheren Preissegment. Für größere Auflösungen muss man mit 300 bis 500 Euro rechnen. Dafür steht ein Team zur individuellen Beratung und Recherche zur Verfügung. Die Bilder sind es Wert, gerade wenn man Gesichter sucht, die nicht auf jedem Plakat zu finden sind, wie die von iStockphoto, Adobe Stock & Co. Und man hat meistens typisch
Trendreports und interessante Themen im Blog
Im Blog stellt Westend61 immer wieder Trendthemen vor und bietet Einblicke hinter die Kulissen. Der Eintrag im Newsletter ist empfehlenswert, man wird nicht zugemüllt, sondern erhält gut recherchierte und aktuelle Themen angeboten.
Auch die INSPIRE Magazine mag ich gern.
Das waren sie, meine Lieblings-Bilddatenbanken. Ich hoffe, der Ausflug auf ein neues Terrain Spaß gemacht hat. Jede Menge Links zu weiteren Bildquellen finden Sie in der Infothek im Bereich Bildagenturen. Viele Agenturen sind im Bundesverband professioneller Bildanbieter (BVPA) vertreten. Jedes Jahr veranstaltet der Verband den PictaDay, abwechselnd im Süden und im Norden Deutschlands. Eine gute Gelegenheit, Bildagenturen näher kennen zu lernen und deren Schwerpunkte und Positionierung zu entdecken. Dieses Jahr ist leider die Münchner Veranstaltung wegen Corona ausgefallen.
Viel Spaß beim Stöbern und Entdecken. Und die Frage, ob es immer Adobe Stock sein muss, hat sich wohl dann auch von selbst beantwortet, oder?
Dieser Blogbeitrag ist bereits im Dezember 2015 unter dem Titel “Muss es denn immer Fotolia sein” erschienen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Kommunikationsberater Sascha Theobald, der mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass man ältere Blogbeitrage umschreiben und aktualisieren kann. Und sogar unbedingt soll. Gerade, wenn sich Neues zum Thema ergeben hat. In fünf Jahren hat sich natürlich einiges getan, so wurde Fotolia bereits 2015 von Adobe Stock übernommen, einige Jahre lief die Marke noch eigenständig und wurde Ende 2019 eingestellt bzw. in Adobe Stock integriert. Auch haben sich einige Links in der Zwischenzeit geändert. Und ich habe aktuelle Beispiele zur Bildrecherche rausgesucht.