Es ist wie im richtigen Leben. Das Perfekte langweilt uns. Oft gefallen uns die weniger perfekten Menschen, Dinge oder Bilder besser. Menschen werden durch ihre Grübchen und Falten erst interessant. Ein schöner Tisch darf auch mal Schrammen im Holz haben. Warum nicht auch beim Bild versuchen? Nicht das perfekte Bild wird Ihre Interessenten anziehen, sondern das Spannende. Bilder müssen nicht geschniegelt sein, sondern eine Geschichte erzählen, den Text ideal bei seiner Aussage unterstützen!
Verführen Sie Ihre Leser also mit spannenden Bildern, Bildinhalten und Bildkompositionen. Hierzu ist zunächst ein wenig konzeptionelle Arbeit notwendig, die ich in den nächsten Schritten erkläre:
1. Bildaussage
Was erzählt der Text? Was das Bild? Nie das Gleiche, das ist schnell langweilig. Ergänzend soll das Bild sein, oder seine eigene Geschichte erzählen, die stimmig mit dem Text ist. Der Text informiert auf der sachlichen Ebene, das Bild holt uns emotional ab. Es liefert oft mehr Informationen als der Text, hat eine stärkere Aussage als der Text. Und wird zigmal schneller erfasst als das Geschriebene. Je spannender das Bild, je mehr es Ihre Zielgruppe anspricht, je neugieriger es macht, desto ehr wird der Text dazu gelesen.
2. Tonalität
Ist der Text ruhig, soll es auch das Bild sein. Es ist nicht nur wichtig, was Bild und Text aussagen, sondern auch wie diese Aussage rüber kommt. Ein schneller, dynamischer Text verträgt ein Bild im gleichen Stil. Werden mit dem Bild Themen wie Sicherheit und Zuverlässig übertragen? Löst es Gefühle aus oder ist es völlig sachlich? Kommt Luxus und Gediegenheit rüber oder ist die Bildsprache ehr jung bis flippig? Sind die Bilder im Stil weich oder ehr hart (Spiel von Licht und Kontrasten)? Hat das Bild Humor oder lässt es den Betrachter schmunzeln? Achten Sie darauf, dass die Bilder von der Tonalität harmonieren und nicht zu viele Ausreisser entstehen. Das wirkt auf den Betrachter seltsam und unstimmig.
3. Bildstil
Welchen Bildstil verwenden Sie sonst in Ihrer Marketingkommunikation? Fällt dieser Text aus dem Rahmen oder soll der bisherige Stil fortgeführt werden? Beides ist möglich und hängt davon ab, ob das Bild in der Unternehmensbroschüre oder vielleicht auf einem Aushang oder in einer Stellenanzeige verwendet wird. Bei besonderen Themen kann der allgemeine Bildstil auch schon mal unterbrochen werden, um Aufmerksamkeit zu erzeugen oder eine andere Zielgruppe ansprechen (z.B. Auszubildende).
4. Klarheit statt Verwirrung
Oft wird versucht, möglichst viele Bildinhalte in einem Bild unterzubringen. Weniger ist mehr! Lieber auf eine, zwei Bildaussagen konzentrieren, als den Betachter des Bildes zu überfordern. In ein, zwei Sekunden muss das Bild "gelesen" werden. Funktioniert das nicht, beschäftigt sich der Interessent nicht länger mit dem Bild, speichert es als überflüssige Information ab. Die Gefahr ist groß, dass der Text nicht gelesen wird, die gesamte Aussage geht verloren. Die Bildaussage muss schnell und klar rüber kommen. Sicher kennen Sie den Spruch "erklär mir das mal so wie Deiner Oma". Nutzen Sie auch die Bildsprache für klare, einfache Aussagen. Die Welt ist schon kompliziert genug.
Arbeiten Sie also mit Details. Zu viele Bildelemente auf einem Bild führen zu einem Durcheinander. Im Unterbewusstsein wird dies abgespeichert. Auf den Betrachter wirkt Ihr gesamtes Angebot verwirrend und unübersichtlich.
5. Ausrichtung auf die Zielgruppe
Denken Sie bei der Bildauswahl nicht unbedingt an Ihren Geschmack. Ihrer Zielgruppe müssen die Bilder Appetit auf den Text oder Artikel machen. Überlegen Sie, wie Ihre Kunden und Wunschkunden ticken, auf was sie anspringen könntn. Ihre Zielgruppe ist offener für neue Bildwelten, als sie denken! Jeder freut sich über schöne bildliche Appetithappen, wenn sie sich deutlich vom üblichen Mainstream abheben.
6. Um die Ecke denken
Suchen Sie passende Fotos in Bildagenturen, bleiben Sie nicht krampfhaft nah am Thema. Entfernen Sie sich gedanklich vom Thema und nehmen Sie den umgekehrten Weg: Suchen Sie schöne, stimmige Bilder aus, die zu Ihrem Unternehmensauftritt und Ihrer Zielgruppe passen könnten.
Legen Sie zunächst eine Sammlung im Leuchttisch der Online-Bilddatenbank an oder Erstellen Sie ein Moodboard. Im Anschluss lassen Sie sich von den Bildern und ihrer Bildaussage inspirieren. Überlegen Sie, wie Sie zu diesem Bild die Überleitung zu Ihrem Thema machen. Kommt jetzt eine gute Idee? Suchen Sie nach weiteren, ähnlichen Bildmotiven, die eventuell die Bildaussage noch besser darstellt. Und auch besser hinsichtlich der Farbe/n, Schärfe/Unschärfe, Bildaufbau oder Licht zu Ihrer Bildsprache passt.
Und suchen Sie nicht um Himmels willen einen engen Zusammenhang, wenn es ihn gar nicht gibt. Die Frage "was hat das Bild mit unserem Unternehmen zu tun?" wird mir sehr oft gestellt. Und tatsächlich gibt es diesen Zusammenhang oft gar nicht. Glauben Sie mir, Ihre Zielgruppe wird auch nicht danach suchen. Die Banken machen es vor: Wir wollen keine grauen Anzüge, Sparschweine und Geld in den Werbebotschaften sehen. Sondern identifizieren uns mit den entspannten Kunden, die - dank der Bank - die finanzielle Unabhängigkeit in der Tasche haben. Ist die Bildsprache zu "glatt" und unglaubwürdig, nehmen wir auch wieder Abstand. Wobei wir wieder bei der Aussage am Beginn dieses Beitrags sind: Zeigen Sie auch mal Ecken und Kanten, um ein Wohlfühlklima zu erzeugen.
7. Erinnerungen schaffen
Versuchen Sie, mit den ausgewählten Bildern Erinnerungen bei Ihrer Zielgruppe abzurufen. Das passiert meistens unterbewusst. Deshalb sollten es die "guten" Erinnerungen sein, die uns an schöne Situationen und Erlebnisse denken lassen. Denn dann bleiben auch Sie länger in Erinnerung als Ihr Wettbewerber, der belanglose, austauschbare Bilder verwendet.
Einige Beispiele
Zum Abschluss dieses Blogbeitrags noch mehr oder weniger gelungene Beispiele:
- Availon
Schöne, authentische Bildsprache. Meistens sind Mitarbeiter und Serviceteams bei der Arbeit zu sehen. Die Fotos wirken wie aus dem richtigen Leben, nicht zu gestellt, schöne Details, gutes Storytelling über ansprechende Fotos. - Berylls
Die Bilder im Duplex-Charakter (schwarz-weiß-Bilder mit einer oder zwei Schmuckfarbe/n) zeigen Details von Autos oder Mitarbeiter, die ihre Autos liebevoll streicheln, ohne kitschig zu wirken. Die Bildsprache ist durchdacht, die Bilder authentisch und ohne Firlefanz oder gelackte Typen. Schön! - Unternehmernetzwerk Wien
Hier ist so richtig in die Farb- und Bildkiste gegriffen worden. Das Auge ist heillos überfordert und nur äußerst hartnäckige Besucher werden länger auf dieser Website bleiben wollen. - Man versus Machine
Zugegeben, so ein schönes Thema wie Kaffee haben nicht viele Unternehmen anzubieten. Aber wir finden hier nicht die typischen Kaffeebilder, sondern einen außergewöhnlichen Bildstil, der sich an die Zielgruppe der urbanen Hipster wendet. - Spurcycle
Ähnlich gemacht wie Man versus Machine: Hier werden Emotionen rund ums Cityradeln geweckt. Oder nur mir, weil ich zur Zielgruppe gehörte? Dann haben sie zumindest alles richtig gemacht. - Quivendo
Frisch und überzeugende Bildsprache. Die zieht sich leider nicht durch den Blog. Schade.
Die Liste wird fortgeführt und ständig um weitere Beispiele ergänzt.